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AM WASSER WASSER ist ein Elementarsymbol, mit dem sich immer wieder Künstler und Künstlerinnen auseinandersetzten. Wasser fasziniert die Menschen, es ist nicht nur ein essentielles Lebenselexir, sondern betört uns in dunklen, tiefen Seen, in endlos mäandrierenden, plätschernden Flußzügen, in rauschend herabfallenden Wasserfällen oder in den unberechenbaren, geheimnisvollen Ozeanen. Wasser ist auch ein Symbol für das Unterbewußtsein und wird mit dem Mond, mit Weiblichkeit und Irrationalität verbunden. Wegen seiner Grenzenlosigkeit und Unbeherrschbarkeit läßt sich der Ozean mit dem Chaos gleichsetzen. Das Thema „Wasser“ ist für eine Künstlerin wie Reinhild Zietz, die realistisches Sehen und innere Bilder zusammenfügt, wie geschaffen. Sie liebt das Experiment. Es eröffnet stets neue Möglichkeiten. Das prozessuale Arbeiten, das sich wie ein langer, endlos fließender Fluß zeigt, schwemmt die Künstlerin immer wieder an neue Ufer. Zunächst steht noch nichts fest, herrscht Chaos. Langsam entwickelt sich daraus eine Struktur bzw. Ordnung. Die Lithografien und Alugrafien sind solche Beispiele für das gebändigte Chaos. Sie spiegeln Naturerfahrungen. Blau-Orange Farbkompositionen erinnern an Himmel, Meer, Abendrot, während Orange-Gelb-Ocker-Kompositionen Herbst bzw. fallendes Laub assoziieren. Die Lithografien sind alle Unikate, da sie mit Pinsel und Stift individuell überarbeitet werden. Die Alugrafien – Abdrucke von Aluplatten – sind Monotypien und somit ebenfalls einmalig. Sparsam setzt Reinhild Zietz die Collage ein. Es sind meistens Teile aus alten Zeichnungen oder Grafiken der Künstlerin. Nur selten finden Buchseiten oder Texte Verwendung. Eigene Erfahrungen gepaart mit dem Unterbewußtsein lassen Arbeiten entstehen, die sich nicht auf einen speziellen Ort beziehen. Realitätsfragmente und innere Bilder finden hier eine Verschmelzung. Solche Ausschnitte aus Natur und Zeit zeigt auch Reinhild Zietzs „Wasserbuch“ von 2002, das zwölf Arbeiten vereint. Jedes Blatt ist eine Papiercollage aus unterschiedlichen Material-abdrücken – Abdruck auf Alu, Pappe oder grobem Gewebe. Ab und zu finden alte tibetanische Stempel Einsatz, die die Künstlerin auf ihren Fernreisen erstanden hat. Sie möchte nicht nur sichtbare Oberfläche schaffen, sondern aufzeigen, dass sich hinter dem Sichtbaren noch etwas anderes offenbart. Sie arbeitet daher auch gern mehrschichtig: klebt unterschiedliche Papiere zusammen, druckt einen Stempel auf und zeichnet zum Schluß mit einem dicken Pinsel über alles ein geheimnisvolles Zeichen. Asien und der asiatischen Malkultur fühlt sich Reinhild Zietz schon seit ihrer Jugendzeit verbunden. Analogien werden sichtbar bei der abstrakten Sichtweise auf die Landschaft und der Natur im Generellen sowie die vermeintlich spontan gesetzten Tuschepinsel-Entäußerungen, die mal Landschaft, mal organische oder kalligrafische Zeichen andeuten. Hierbei kommt es der Künstlerin auch auf die asiatische Denkweise des „alles ist im ständigen Fluß“ an, auf die Bewegung, auf Veränderung. Nichts ist statisch in ihren Bildern. Gern lebt sie sich in Diptychen oder Triptychen aus, um ein Thema weiterzuführen, zu verdichten oder einfach neue mögliche Darstellungsformen darzulegen. Reinhild Zietz holt sich ihre Inspiration aus der Natur. Sie fotografiert leidenschaftlich gern Landschaftsausschnitte wie das Wattenmeer der Nordsee. Die Nordsee als besonders unbeständiges Element ist ein beliebtes „Forschungsobjekt“ für die Künstlerin, da durch die Gezeiten große Veränderungen in der Landschaft, aber auch in der Atmosphäre zu verzeichnen sind. Das Prozessuale kann hautnah erlebt werden: unterschiedlichste Wolkenformationen, lebendige Rhythmen des Wassers, ständig neue Strukturen und Zeichnungen im Sand. Für Reinhild Zietz ist eine Fotografie ein Augenblick in der Zeit. Als Gegenpol versucht sie in einem zweiten Schritt, das Ewige, Zeitlose ihres Inneren auf die Leinwand zu bringen. Die Gegensätze von Objektivität – Subjektivität, Ratio-Emotion fusionieren zu spannenden Diptychen mit den Titeln „Wasserschrift“ und „Wassernotizen“ von 2002. Hierbei liest die Künstlerin aus den Strukturen der Natur, als wären diese Zeichen und entwickelt parallel dazu ihr eigenes „Wasserschriften“-Zeichenvokabular. Dieses Einfühlen in die Natur zeichnet Reinhild Zietz aus und verleiht ihren Arbeiten eine besondere Aura. In der Psychologie gilt Wasser als eine Matapher für die Geburt von Ideen aus dem Unterbewußtsein. Die vielschichtigen Werke Reinhild Zietz´s sind ein klarer Beweis dafür, dass Wasser selber als große Inspirationsquelle auf die bildnerische Ieeenwelt wirken kann. Dr. Christiane Braun, Kunsthistorikerin im Januar 2007 |