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"Transparenz" (Ausschnitt)

"Das Wort Transparenz geht in seinem Ursprung auf die Kombination des lateinischen "trans" für "(hin)durch" und "parere" für "sich zeigen, scheinen" zurück. Dies kann man zunächst ganz wörtlich nehmen, denn Transparenz wird zum Beispiel als optische Eigenschaft eines Materials definiert, wenn man etwas (räumlich) Dahinterliegendes relativ klar erkennen kann. Im übertragenen, metaphysischen Sinn steht Transparenz jedoch auch für das Erkennen und Deutlichwerden jenseits aller Optik.

Mit dieser Vielschichtigkeit der Wahrnehmungsebenen spielen die künstlerischen Arbeiten von Reinhild Zietz und Ping Qiu.

Zum einen geht es um die - offensichtliche - Verarbeitung oder Nutzung transparenter Materialien wie Plexiglasscheiben, Plastikfolie, transparenter Farben oder gar des Elementes Luft. Gleichzeitig sind in nahezu allen Arbeiten mit dieser vermeintlich einfachen "Durchschaubarkeit" Brüche, Verschiebungen, Hintergründe verknüpft, die ansonsten Verborgenes für uns sichtbarer machen. Es geht um das Entdecken, Sehen, vielleicht das Assoziieren in erweiterter Form, um die Fragen nach Vertrautheit und Intimität, nach einem eigentlichen Sinn oder einer Geschichte hinter den Dingen.

Einige Bildobjekte von Reinhild Zietz bestehen aus zwei Plexiglasscheiben, deren Zeichnungen bzw. Malereien sich überlagern. Der Ausgangspunkt für diese Bilder, deren Leuchtkraft durch die Verwendung transparenter Siebdruckfarben noch intensiviert wird, ist für die Künstlerin die Vorstellung von Landschaften, die sie abstrahiert.

Die Bildobjekte, die aus einer Fotografie - es handelt sich dabei um Straßenszenen in Asien -  und einer darüber gelagerten Zeichnung bestehen, spielen darüber hinaus mit dem flüchtigen Moment der Fotografie - im übrigen ein Medium, dass nur aufgrund von Transparenz existiert! Die sieben Objektkästen nutzen darüber hinaus das Licht als verstärkendes Moment. Allen Darstellungen gemein ist eine verfremdete Sicht auf soziale und architektonische Strukturen.

Die Zeltinstallation von Zietz geht darüber hinaus der Frage nach, was sich hinter normaler Weise nicht transparenten Materialien verbirgt: Durch die Verwendung von Folie zeigt sie das Innere der Behausung, gibt Einblick in die Intimität des Wohnraumes mit den persönlichen Dingen. In diesem Fall sind es ein kleines Radio und ein WOK, letzterer - wie auch die Bildmotive in den anderen Arbeiten - ein Hinweis für die Affinität der Künstlerin zur Asiatischen Welt." 

Beate C. Arnold

Wissenschaftliche Leiterin der Barkenhoff-Stiftung Worpswede

Statement zur Eröffnung der Ausstellung "Transparenz", Ping Qiu / Reinhild Zietz, am 16. Mai 2009